Haushaltsrede 2023

Du kannst dir die Haushaltsrede auch bei Facebook oder Instagram als Video angucken.

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Ratskolleg:innen!

Zunächst geht unser Dank an unsere Kämmerin Frau Lammers und ihr Team aus der Finanzverwaltung für das Aufstellen des Haushaltes. Vielen Dank für die Mühen und auch die neue Aufbereitung von Änderungslisten etc.

Schon in der Beratung des Haushaltes hat sich gezeigt, dass diese gewählte Art und Weise der Sitzungszeit sehr zuträglich war.

Die Umstände, in denen Sie den Haushalt aufstellen müssen, sind weiterhin schwierig. Auch deswegen schwierig, weil wir noch keine genauen Zahlen von so vielen Teilaspekten wie zum Beispiel Bund und Land haben.

Ehrenamt & Kaufmannschaft

Ein Dankeschön vom Herzen, mit dem allergrößten Respekt, möchten wir allen Bürger:innen im Ehrenamt widmen.

Ihr seid eine große Säule im Leben von Billerbeck.

Auf euren Schultern lasten viele grandiose Projekte und Arbeit, die wir uns im alltäglichen Leben überhaupt nicht mehr wegdenken können. Euer Engagement ist großartig und für die ganze Stadt Billerbeck so wichtig!

Ein weiterer Dank geht an die Kaufmannschaft.

Wir konnten alle gestern in der örtlichen Presse lesen, mit welchen Herausforderungen und Gedanken sich die Gastronomen aktuell beschäftigen. Auch hinter allen weiteren Kaufleuten liegen verrückte Zeiten – gerade Corona hinter sich gebracht, sind es nun Energiekosten und die Inflation, die den Geldbeutel auf beiden Seiten schmälern – neue Herausforderungen.

Und dennoch wurde ein wunderschöner und vor allem gemütlicher Kerzenscheinsamstag organisiert – viele Menschen haben die Tradition nach 2 Jahren Pause genossen.

Genauso wie den Weihnachtsmarkt, auf dem viele Bürger:innen, aber auch Gäste aus anderen Orten anzutreffen waren. Vielen Dank an alle!

Haushaltseinbringung & Prioritäten

In der Haushaltseinbringung von Ihnen Marion Dirks im September, haben Sie gesagt „Ohnehin gehe ich davon aus, dass wir ab 2023 unsere Investitionsliste noch einmal auf den Prüfstand stellen müssen. […] Daher müssen nach meinem Verständnis alle Investitionen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit noch einmal auf den Prüfstand.“ – zwei wesentliche Sätze zu diesem Haushalt denen wir nochmal weiter Gewicht verleihen wollen.

Und wir als Grüne Fraktion nehmen diese zwei Sätze als maßgebliche Hausaufgabe von Verwaltung und Politik in 2023 war. Für uns sind es die zentralen Sätze. Denn in Zeiten wie diesen, Fragen sich Bürger:innen überall im Land „Was ist überhaupt richtig und vor allem was ist wichtig?“

Genau diese Fragen muss sich eine Kommune doch auch stellen. Dazu kommt „Was können wir uns leisten?“ – nicht nur finanziell. Prioritäten müssen hinterfragt und politisch diskutiert werden. Es muss klar werden, was sich in Billerbeck ändern muss, damit wir im nächsten Haushalt eine Vision, eine Entwicklungsperspektive für die Zukunft haben.

Wo stehen wir 2040?

Es wäre schön gewesen, wenn sich die Diskussionen und die Fragen der Prioritäten bereits jetzt im Haushalt wieder spiegeln würden. Aber da vertrauen wir auf den 26. Januar 2023 – dann wird der erste Haupt- und Finanzausschuss stattfinden. Denn für uns als Grüne Fraktion ist heute schon klar, dass wir dies auch direkt zu Beginn des neuen Jahres starten müssen.

„Welche Projekte wollen wir angehen? Welche schieben wir? Welche sind auch schon aus der Zeit gefallen? Welche Freiräume und Spielräume für weitere Projekte müssen und sollen wir uns lassen?“

All dies sind Fragen, die zu jeder einzelnen Investition gestellt und diskutiert werden müssen. Und dieses Vorgehen wird weit mehr als nur eine oder zwei Sitzungen brauchen. Und eines kann ich jetzt schon sagen: Wir freuen uns darauf, endlich wieder mit den anderen Fraktionen und der Verwaltung zu diskutieren. Auch und gerade, weil die Welt Kopf steht.

Wir haben in dieser Sitzungsperiode schon öfter das Angebot an die anderen Fraktionen zum Diskutieren gemacht. Sei es, als wir den Antrag bzgl. des alten Feuerwehrgerätehauses formuliert haben oder auch im Zuge der Haushaltsberatungen. Gerade in diesen Zeiten ist es wichtig miteinander zu reden, zuzuhören und zu diskutieren.

Wir sollten gemeinsam nach Lösungen für die teils neuen Probleme suchen. Für Einzelkämpfe sind die aktuellen Herausforderungen einfach viel zu groß. Unsere Stärke aus der Unterschiedlichkeit heraus ist es, um die besten Lösungen, die besten Kompromisse aus den verschiedenen Perspektiven zu ringen.

Dabei ist auch Flexibilität von jeder Fraktion gefragt und die Bereitschaft, sich inhaltlich zu bewegen – auf andere zuzubewegen. Dabei alte Prinzipien zu überdenken und vielleicht auch in Frage zu stellen.

Dazu brauchen wir eine Wertschätzung der Arbeit der anderen politischen Fraktionen und der Verwaltung – und umgekehrt.

Dabei ist es auch wichtig, die Arbeit auf Augenhöhe nicht zu vergessen. Wir wissen um die Belastung der Verwaltung, aber es kann nicht sein, dass Vorschläge der Fraktionen von der Verwaltung einfach mit dem Verweis : „Das können wir nicht auch noch leisten“ – vom Tisch gefegt werden. Sie, Frau Bürgermeisterin, schlagen ja selbst vor die Investitionsliste zu überprüfen. Dies muss aber auch bei anderen Projekten greifen. Einfach abarbeiten bis wieder Kapazitäten frei sind,  – so kann es nicht mehr gehen. Dass wissen wir alle. Wir, alle RatskollegInnen, sind gewählt worden um für Billerbeck, auch in schweren Zeiten, Lösungen zu finden, Prioritäten zu setzen.

Es braucht Mut um neue Wege zu gehen – und dieser Mut sollte honoriert werden, weil es aktuell pragmatische Lösungen braucht um Antworten für die Krisen zu finden. Und es wird gerade Mut brauchen, wenn wir Priorisierungen, vielleicht auch Streichungen vornehmen müssen, um zusammen Alternativen zu finden.

Klimaschutzkonzept & Mobilitätskonzept

Zwei Lichtpunkte in diesem Jahr sind zum einen das Klimaschutzkonzept, welches wir als Grüne 2019 beantragt hatten und welches endlich heute beschlossen wird.

Die Erarbeitung des Konzeptes ist ein Positivbeispiel für viele weitere Jahre, aus dem wir jetzt schon erkennen, dass auch bei weiteren Vorhaben auf Bürger:innenbeteiligung gesetzt werden muss. Und mehr Basisdemokratie geht nicht! Leider sind wir mit der Zielsetzung nicht komplett zufrieden, denn die Ziele sind für uns zu wenig ambitioniert. Denn z.B. die Klimafolgeanpassung ist hier im Klimakonzept nur ein kleines Randthema – wird aber eines der zentralen Herausforderungen der Zukunft werden. Hauptsache ist, dass wir in Billerbeck die Sache des Klimaschutzes konzeptionell anpacken!

Und nach schärfen können wir ja auch noch, oder?

Der zweite Lichtpunkt ist das Mobilitätskonzept – welches ebenfalls von uns Grünen 2018 beantragt wurde. Ein Konzept, welches hauptsächlich aus den Feedbacks der Bürger:innen entstanden ist. Auch hier nochmal ein gesondertes Lob an die Mitarbeiter:innen der Verwaltung, die unter den Corona-Bedingungen großartige Leistungen erbracht haben. Leider wurde auf Drängen der CDU keine Priorisierung beschlossen. Wirklich eine vertane Chance dem Thema mehr Gewicht zu verleihen und ernst zu nehmen, denn so wird regelmäßig auf ALLE Punkte  geschaut. Und auf alle Punkte zu schauen, kostet mehr Zeit und mehr Personal, als sich fokussiert auf priorisierte Maßnahmen zu konzentrieren.

Personal

Im Haushalt sind insgesamt 2,63 neue Stellen mitberücksichtigt. Es ist gut, dass der großen Belastung des Personals Rechnung getragen und endlich Stellen geschaffen werden. Wir merken alle, dass gerade viele Aufgaben bei der Verwaltung liegen und umgesetzt werden müssen. Auch, merken wir, dass jede:r ihr bzw. sein bestes gibt.

Hervorheben möchten wir an dieser Stelle den Bereich Soziales. Nicht nur die Corona-Zeit war besonders herausfordernd, auch die Zeit nachdem die Ukraine von Russland angegriffen und überfallen wurde. Es bringt nochmal eine andere Belastung mit sich, wenn nicht nur Probleme, sondern Menschen mit Schicksalen, Gefühlen und Geschichten vor einem sitzen. Dazu kommen die ganzen neuen Aufgaben durch Gesetzesänderungen auf Bundesebene 2023 dazu.

Genau deswegen wurden zurecht auch explizit 1,4 Stellen im Bereich Soziales eingeplant.

Artenschutz

Im Moment findet die UN-Artenschutz-Konferenz in Montreal, Kanada statt.

Dort wurde von dem Biologen Christof Schenck gesagt, dass „ein konkreter Preis für das, was wir an Verlust von Natur erleben“ fehle. Am Ende müsse eine Wirtschaftsordnung stehen, „die für die Nutzung der Natur einen angemessenen Preis aufruft“  (Frankfurter Erklärung). Dies macht nochmal deutlich, dass wir nicht nur auf eine Klimakatastrophe, sondern auf das größte Artensterben zusteuern. Und diese wird nach Expert:innen als heftiger prognostiziert. Denn wenn die kleinsten Arten aussterben – was sie bereits tun – ist auch aufgrund der Nahrungskette klar, dass weitere größere Tiere aussterben werden.

Unser ehemaliger Umweltminister Johannes Remmel sagte bereits 2011: „Wir sind gerade dabei, die Festplatte unserer Erde zu löschen.“ Dabei ging es um die neue rote Liste gefährdeter Tierarten in NRW – die Erkenntnis war, dass bereits 45% der Tier- und Pflanzenarten bedroht sind! Es gibt zwar keine Neue Liste mit neuer Datenlage von NRW – aber wir alle wissen doch: Es wird garantiert in den letzten 11 Jahren nicht besser geworden sein! Jedes Tier, jede Pflanze, die ausstirbt, die gibt es nicht mehr. Sie ist verloren für immer!

Wir können überhaupt nicht verstehen,dass vor diesem Hintergrund das Budget für Artenvielfalt, wie von uns beantragt, nicht erhöht wird! Denn gerade im Bereich des Artenschutzes kann mit wenig finanziellem Input ein großer Output für die Natur, für die Umwelt, für die Biodervisität auch direkt vor Ort erzielt werden.

Kosten, die wir uns in den weiteren Jahren hätten sparen können – stattdessen werden sie sich jetzt weiter multiplizieren – solange wir nichts tun! Und für die Artenvielfalt braucht es einfach viel mehr als nur Blumenkübel oder -ampeln in der Innenstadt.

Windkraft

In den letzten Sitzungen des Stadtentwicklungs- und Bauauschusses hat uns das Thema Windkraft sehr beschäftigt. Ein sehr umfassendes politisches Feld, wenn man es als ganzheitliche Energiepolitik versteht. Was man tun sollte, denn die Energiepolitik ist auch Wirtschaftspolitik. Und Wirtschaftspolitik ist auch Standortpolitik.

Wo es früher wichtig war, dass schnelles Internet im Boden verbuddelt wurde, so wird morgen wichtig sein, wo genug Energie erzeugt wird, um als (Wirtschafts-)Standort attraktiv zu sein und zu bleiben. Wir sind gespannt, wie wir gemeinsam  dieses Thema im nächsten Jahr weiter zügig voranbringen können .

Abschluss

Abschließend sei gesagt: Wir haben sehr intensiv darüber diskutiert, ob wir den Haushalt annehmen oder ablehnen sollen. Aber schlussendlich ist für uns ausschlaggebend, dass viele Personalstellen, die endlich geschaffen werden, elementar sind. Zudem nehmen wir die Aussagen von Ihnen, Frau Bürgermeisterin, bei der Haushaltseinbringung mehr als nur ernst uns sehen darin ein Versprechen, dass über sämtliche Investitionen diskutiert wird und wir eine Priorisierung treffen. Und genau aus diesen beiden Punkten werden wir als Grüne Fraktion dem Haushalt für 2023 zustimmen.

Hanna Hüwe
Für die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Billerbeck
(Es gilt das gesprochene Wort)

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